Geschichtswerkstatt der Geschwister-Scholl-Schule in Bensheim
Fragenkatalog zu Geschichtsprojekten mit Themen der Lokal- und Regionalgeschichte
Angaben von: Peter Lotz u. Franz Josef Schäfer, Geschwister-Scholl-Schule, Bensheim
Angaben zu den Projekten
Sie haben im Geschichtsunterricht ein Projekt bzw. Projekte zu Themen der Lokal- bzw. Regionalgeschichte durchgeführt. Welche Themen waren das bisher?
U.a.:
- Zwangsarbeiter im Tonwerk Heppenheim
- Ernst Schneider - ein Wegweiser (Opfer des NS)
- Öffentliche Hinrichtung des Zwangsarbeiters Jan Rogacki
- Geschichte der Bensheimer Juden im 20. Jahrhundert
- „Euthanasie“-Opfer aus dem Bergsträßer Raum
- Der Kommunist und Buchenwaldhäftling Jakob Kindinger
- Der Reichstagsabgeordnete Fritz Bockius
- Das DP-Lager Bensheim
- Opfer des Nationalsozialismus aus Seeheim-Jugenheim
- Flucht einer Schulklasse aus der DDR
Stand bei dem Projekt / den Projekten die Vermittlung besonderer lokalhistorischer Gegebenheiten oder die Veranschaulichung übergreifender historischer Ereignisse, Entwicklungen und Prozesse anhand lokaler bzw. regionaler Beispiele im Vordergrund?
Übergreifende historische Ereignisse, Entwicklungen und Prozesse anhand regionaler Beispiele standen zumeist im Vordergrund.
Schülerinnen und Schüler welcher Schulformen und welcher Jahrgangsstufen waren daran beteiligt
Oberstufenschülerinnen und -schüler der Jahrgangsstufe Q2.
Welchen Zeitrahmen hatte das Projekt / hatten die Projekte jeweils?
Ein halbes Jahr (jeweils Vorbereitung durch Lehrer 1 Jahr, Nachbereitung ½ Jahr)
Unterrichtsorganisation, -vorbereitung u. Aufgabenstellungen
In welcher Form haben Sie Projekte zur Lokal- oder Regionalgeschichte durchgeführt? Geschah dies im Regelunterricht oder im Rahmen spezieller AGs?
Im Rahmen der Geschichtswerkstatt Geschwister Scholl/Projekttage zu Ende der Halbjahre, zunehmend erschwert durch Vorgaben des Zentralabiturs, dadurch wenig Möglichkeiten, im Unterricht intensiv daran zuarbeiten!
Wie waren die Arbeitsaufträge für die Schülerinnen u. Schüler organisiert (Gruppenarbeit, Arbeitsblätter etc.)?
Entdeckendes Lernen. Die Schülerinnen und Schüler hatten Archivakten ausgewertet. Auf der Grundlage einer jeweiligen Basisquelle haben die SchülerInnen sie interessierende Fragestellungen herausgearbeitet, die dann in arbeitsteiligen Redaktionsgruppen bearbeitet wurden.
Die Vermittlung welcher Kompetenzen wurde dabei angestrebt?
Quellenkritik und Verfassen von historischen Publikationen, Geschichte ansatzweise schreiben und nicht nur konsumieren.
Wie würden Sie den Mehraufwand für die Unterrichtsvorbereitung bei solchen Projekten gegenüber einem "Standardunterricht" mit bereits vorhandenen Unterrichtsmaterialien und -konzepten einschätzen?
Sehr hoch
Haben Sie zur Vorbereitung, Organisation oder Durchführung des Projektes / der Projekte die Unterstützung kommerzieller Anbieter in Anspruch genommen?
nein
Zusammenarbeit mit Lokalhistorikern, Vereinen, Museen
Welche Rolle spielten Lokalhistoriker oder sonstige Personen bzw. Vereine oder Museen, die sich in besonderer Weise mit der Lokalgeschichte befassen, für Ihre Projekte?
Zeitzeugen, Lokalhistoriker und hauptberufliche Historiker/Archive wurden kontaktiert.
Welche Rolle spielten andere Lernorte (z. B. Museen, Gedenkstätten oder Archive) für die Durchführung des Projektes?
Eine sehr hohe Rolle.
Lokalhistoriker bzw. Vereine, die sich mit der Lokalgeschichte befassen, verfügen in der Regel ja nicht über ein pädagogisches Konzept, welches darauf ausgerichtet ist, ihr Wissen an Schüler [Kinder und Jugendliche] zu vermitteln. Auf welche Gegebenheiten müssten sich solche Personen ihrer Meinung nach einlassen, um als Partner für solche Projekte zur Verfügung stehen zu können?
Die Fragestellung von Jugendlichen ist nicht immer präzise. Jugendliche haben noch nicht viele historische Zeitabschnitte kennen gelernt, die formellen und inhaltlichen Besonderheiten des Archivzugangs sind ihnen fremd, hohe Hürden.
Verwendete Materialien
Welche Materialien haben Sie für den Unterricht verwendet und woher haben Sie diese bezogen?
Aus Archiven (beim letzten Buch „NS-Opfer aus Seeheim-Jugenheim“ wurden 42 Archive ausgewertet).
Haben Sie originales Quellenmaterial für ihr Projekt verwendet oder mussten Quellen für die Nutzung durch die Schülerinnen u. Schüler vorher besonders "aufbereitet" werden?
Aus Zeitgründen wurden die Materialien im Vorfeld von den Kursleitern besorgt und weitgehend digitalisiert, jedoch von den Schülerinnen und Schülern „aufbereitet“.
Ergebnisse
Haben diese besonderen Themen einen Einfluss auf die Motivation und die Unterrichtsbeteiligung der Schüler [Lernenden] gehabt? Wenn ja, wie äußerte sich das?
Die Schüler stellten ihre Forschungsergebnisse der Öffentlichkeit vor. Ergebnisse wurden in der Lokalpresse gewürdigt.
Wurden Einzel- oder Gruppenergebnisse innerhalb der Klasse bzw. des Unterrichts präsentiert?
Wenn ja, in welcher Form?
Zwischenergebnisse wurden im Plenum vorgestellt und offene Fragen diskutiert und zu lösen versucht.
Wurden die Schülerergebnisse des Projektes in einer besonderen Form (z. B. Publikation oder Ausstellung) außerhalb des Unterrichts präsentiert?
Wenn ja, in welcher?
Die Geschichte der Bensheimer Juden im 20. Jahrhundert wurde in einer großen Ausstellung präsentiert. Die Geschichtswerkstatt gab umfangreiche Publikationen heraus (Buchveröffentlichungen), die z. T. auch über den Bildungsserver Hessen abrufbar sind.
https://lakk.bildung.hessen.de/netzwerk/geschichtswerkstatt/index.html
Gegenwärtig: Bis Jahresende (2013) soll ein Buch über einen SS-Mann aus dem Lautertal erscheinen, 2014 und 2015 steht eine Auftragsarbeit an: Ein Industrieunternehmen hat uns beauftragt, die Werksgeschichte zu schreiben und ein ca. 600 Quadratmeter umfassendes Werksmuseum einzurichten; bei diesem Projekt erfolgt die Zusammenarbeit mit einem Kunst-LK, Designern, Handwerkern und freischaffenden Künstlern.
17.9.2013
Peter Lotz
Franz Josef Schäfer